Die Aartalsperre besteht seit 30 Jahren und soll die Menschen in den unterliegenden Kommunen an der Aar vor Hochwasser schützen. Bei den Einwohnerinnen und Einwohnern des Lahn-Dill-Kreises sowie bei Touristinnen und Touristen ist der „Aartalsee“ aber vor allem als beliebtes Ausflugsziel bekannt. Doch was viele nicht wissen: der Aartalsee ist auch Arbeitsplatz. Im Lahn Dill Kreis ist es der einzige See an dem hauptberufliche Stauwärter tätig sind.
Naturliebhaber kommen am Aartalsee genauso auf ihre Kosten wie Sportlerinnen und Sportler und Gäste aus Nah und Fern. Besonders die große Hauptsperre ist touristisch erschlossen und bietet Raum für vielseitige Freizeitaktivitäten, wie Segeln, Angeln, Surfen, Baden oder einen Spaziergang am Ufer. Je nach Wasserstand umfasst sie eine Wasserfläche von 57 bis 93 Hektar. Die kleinere Vorsperre im südöstlichen Teil hingegen ist ausschließlich dem Naturschutz vorbehalten. Als wichtiges Biotop dient sie vielen Vögeln als Brut- und Rastplatz.
Instandgehalten und überwacht wird die Aartalsperre durch die Stauwärter Patrick Will, Christoph Roth und Julian Lorenz. Es ist ein seltener Beruf in Hessen: neben der Aartalsperre sind in Hessen nur knapp 50 Stauwärter tätig. „Das ist kein klassischer Ausbildungsberuf, den man erlernen kann. Wir sind alle Quereinsteiger. Ich bin gelernter Elektroniker, aber unsere Aufgaben sind wesentlich vielfältiger“, erklärt Patrick Will. Als Stauwärter gehöre es zu den täglichen Aufgaben, Pegelstände, Wasserqualität, Stromerzeugung und viele weitere Daten zu erfassen und auszuwerten, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, so Will weiter. Neben dem Tagesgeschäft, können gelegentlich auch Schulklassen aus den umliegenden Gemeinden einen Blick hinter die Kulissen der Talsperre werfen. Nach langer Corona-Pause ist dies im Rahmen von Projektwochen zur Energiewende aktuell wieder möglich. Unterstützt werden die Stauwärter von drei Mitarbeitenden der Abteilung Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz im Verwaltungsbereich sowie in der technischen Betriebsleitung.
Im Sommer 1984 gab der damalige Staatsminister Willy Görlach den Startschuss, und die Bauarbeiten zu Hessens zweitgrößtem Stausee konnten beginnen. Vorangegangen waren viele Gespräche und umfangreiche Planungen, um weitere schwere Hochwasser an Aar und Dill zu verhindern. Die Zuflussmengen der Aar, des Meerbaches, des Siegbachs und anderer Zuflüsse haben im vergangenen Jahrhundert zu zahlreichen verheerenden Hochwassern – zuletzt im Februar 1984 – beigetragen. Insbesondere in den niederschlagsintensiven Wintermonaten sollte das Sperrbecken dem nun entgegenwirken.
Während der sechsjährigen Bauzeit wurden circa 280.000 Kubikmeter Erde bewegt, um die zweigeteilte Sperre zu erbauen. Im März 1992 konnte die Aartalsperre dann vom Regierungspräsidium Gießen abgenommen werden und ihren Dienst als Hochwasserschutzeinrichtung aufnehmen. Je nach Jahreszeit wird unterschiedlich viel Wasser aufgestaut, im Sommer sind es rund 2 Millionen Kubikmeter. Um die Energie der Wasserkraft auszuschöpfen, wird bereits seit Beginn des Betriebes durch eine Turbine Strom erzeugt. Etwa 300.000 Kilowattstunden werden hier im Jahr erzeugt und in das Stromnetz eingespeist. Das deckt einen Bedarf von etwa 100 Haushalten.
Seit der Inbetriebnahme im Jahr 1992 hat sich die Region um den Aartalsee weiterentwickelt und die Anforderungen sind vielfältiger geworden. „Als Betreiber versuchen wir die Gefahrenabwehr als vorrangige Aufgabe sowie Natur- und Landschaftsschutz und die Interessen der Besucherinnen und Besucher an der Aartalsperre in Einklang zu bringen“, erklärt Patrick Will. Dabei arbeitet der Lahn-Dill-Kreis eng mit den Gemeinden Bischoffen und Hohenahr zusammen. „Unser Wunsch: Helfen Sie mit! Wenn Sie am Ufer unterwegs sind, hinterlassen Sie es sauber und nehmen Sie Müll wieder mit“, bittet Patrick Will abschließend. Vor allem während der letzten Jahre habe er das leider vermehrt beobachtet, berichtet Will.
Neben all den Nutzungsmöglichkeiten, die der Aartalsee heute bietet, gerät seine eigentlich wichtigste und ursprüngliche Aufgabe leicht in Vergessenheit. Seit 30 Jahren schützt die Talsperre die Menschen in der Region effektiv vor Hochwasserereignissen. Deswegen ist sie auch ein Objekt der Industriekultur.
Quelle: Lahn-Dill-Kreis