Der Wasserturm des ehemaligen Buderus-Werks Limburg-Staffel. Bild: Otto Volk.

Limburg-Staffel, Karlshütte mit Wasserturm

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Objektinformation

Zugänglichkeit

Thema:
Eisen, Stahl und Metalle

Funktion:
Gießerei

Eigentümer - Träger:
Heinrich Meier Eisengießerei GmbH & Co. KG

Eigentümer - Träger Webseite:

Nutzungszeit:
1901 - heute

Baujahr:
1900

Zustand:
unbekannt

Denkmalschutz:
ja

Beschreibung:

Die Karlshütte (auch „Carlshütte“)  ist ein Gießereibetrieb im Limburger Stadtteil Staffel, die 1900 von dem Nürnberger Carl von Schlenk gegründet und nach ihm benannt wurde. Das Werk, das vor allem Kanalgussteile herstellte, wurde 1907 von der Firma J.W. Buderus Söhne übernommen, die es umfangreich ausbaute. Im Jahre 2005 übernahm die Heinrich Meier GmbH & Co. KG aus Rahden in Ostwestfalen das Gießereiwerk. Strukturbedingt verringerte sich die Mitarbeiterzahl auf 100 Personen und 80 in ausgelagerten Dienstleistungsbetrieben. Hergestellt wird ein umfangreiches und modernes Programm von Kanalguss- und anderen Gusswaren.

Der markante Wasserturm in Staffel wurde 1928 vom Buderus-Werk errichtet, um eine von der Gemeinde unabhängige Wasserversorgung zu gewährleisten. Der Turm trägt auf einem offenen, vierstöckigen Stahlbetongerüst einen achteckigen Wasserbehälter, der heute durch das Firmenschild verdeckt ist. „Der Turm entspricht in seiner nüchternen Zweckhaftigkeit einer architektonischen Formensprache, die in den 1920 Jahren für Industrie- und Eisenbahnbauten häufig Verwendung fand. Als solcher ist er Ausdruck und Symbol der aufstrebenden Limburger Industriegeschichte“(Denkmaltopographie). Da die große Industrieanlage oft modernisiert wurde, ist der Turm das einzige Zeugnis aus der Frühzeit der Fabrikanlage. Der Wasserturm trägt nunmehr die weithin sichtbare Aufschrift „Meierguss“.
Er ist aus geschichtlichen und technischen Gründen Kulturdenkmal.

Geschichte

Der Werksgründer Carl von Schlenk hatte den Standort Staffel für das Werk in einer zu dieser Zeit strukturschwachen Region gewählt, weil es hier genügend Arbeitskräfte gab und gute Absatzwege von und zu den großen Industriezentren bestanden. Die mit einem Grundkapital von 50.000 Mark gegründete GmbH nahm im Jahre 1901 seinen Betrieb mit der Herstellung von Schachtabdeckungen, Sinkkästen, Abflussrohren und Röhren auf. Technisch bestand das Werk aus einer Gießereihalle mit einem Kupolofen und einer Belegschaft von 50 Mitarbeitern. Die Produkte verkauften sich so gut, dass das Werk bis 1906 auf vier Gießhallen mit vier Kupolöfen erweitert werden musste. Die Mitarbeiterzahl vergrößerte sich auf ca. 450 Arbeiter. 1906 ging die GmbH an Karl Schlenk als einzigen Geldgeber über, der die Firma unter dem Namen „Karlshütte Karl Schlenk zu Staffel“ führte.

Der größte Hersteller von Roheisen in der Lahn-Dill-Region, die Firma J.W. Buderus Söhne, suchte neue Gießereizweige zur Eigenverarbeitung ihres Roheisens, das sie nur zur Hälfte selbst verbrauchen konnte. Buderus zog zu diesem Zweck die Erweiterung der Sophienhütte für die Produktion von Kanalguss in Erwägung, als im Jahre 1906 unerwartet das Angebot von Karl Schlenk auf Übernahme seines Werkes in Staffel bei Limburg kam. Schlenk, der sein Unternehmen von Nürnberg aus leitete und keine Nachkommen hatte, verkaufte die Carlshütte schließlich im Jahre 1907 an Buderus.

Buderus als neuer Eigner errichtete eine fünfte Gießhalle und ersetzte die Kupolöfen durch eine zentrale Kupolofenanlage mit vier Öfen und elektrischen Vertikalaufzügen. Dabei wurden die baulichen und betrieblichen Anlagen so angeordnet, dass ein fließender Arbeitsablauf von der Gießerei zur Putzerei, Teererei und zum Lagerplatz möglich wurde. Für die Arbeitskräfte wurden Wasch- und Baderäume eingerichtet.
Nach anfänglichen Absatzschwierigkeiten stieg die Produktion 1911 auf 11.336 t. 1912 entfielen ein Drittel der Produktion auf Kanalguss und zwei Drittel auf Abflussröhren. Der Mangel an Arbeitskräften zwang zu stärkerer Automation. Dazu wurden neue Formmaschinen und Pressluftwerkzeuge eingeführt. 1913 wurde das Werk an die elektrische Überlandzentrale angeschlossen. Im selben Jahr erwarb Buderus die Geigersche Fabrik in Karlsruhe, die auch Kanalguss produzierte und einen großen Kundenstamm im In- und Ausland hatte. Kriegsbedingt wurden bis 1918 zusätzlich Granaten hergestellt. Nach Kriegsende erholte sich der Kanalguss rasch wieder. Während die Produktion in den Inflationsjahren bis 1924 oft unterbrochen werden musste, widmete sich das Werk in Staffel anschließend der technischen und zeitgemäßen Erneuerung. Dazu gehörten der Abbau bisher noch genutzter Dampfmaschinen und die vollständige Umstellung auf elektrischen Strom. Die Main-Kraftwerke lieferten eine Spannung von 10 000 Volt, die im Werk zum Betrieb der Motoren auf 220 und 500 Volt transformiert wurden. Für die Wasserversorgung des Werkes wurde ein Wasserturm mit bis zu 150 m3 Inhalt errichtet, der das Werk unabhängig von der Gemeindewasserversorgung von Staffel machte. Er stellt noch heute eine weit sichtbare Landmarke dar. Die Belegschaft stieg bis 1928 auf 800 Mitarbeiter. Die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre führte zur Schließung des Werkes, dessen Produktion erst 1932 in kleinem Umfang und in den folgenden Jahren wieder normal weitergeführt werden konnte. Ein tiefer Einschnitt bedeuteten die Kriegsjahre von 1939 bis 1945, in denen wegen der Roheisenbewirtschaftung z.T. Kanalgussteile aus Beton gefertigt wurden. Die Aufstellung eines Stahlkonverters diente weitgehend der Herstellung von Panzerketten. 200 Mitarbeiter wurden zum Kriegsdienst eingezogen, wovon ein Viertel nicht aus dem Krieg heimkehrte.

Am Kriegsende schlossen die Amerikaner das Werk, dessen Betrieb nach anstrengenden und schwierigen Verhandlungen mit der Militärregierung 1946 wieder aufgenommen werden konnte. Nach Beseitigung der Bombenschäden wurde das Werk nach neuester Technik modernisiert. 1948 konnte eine Schleudergießerei mit Delavaud-Maschinen in Halle 8 errichtet werden. 1950 wurde eine mit vier Kaltwindöfen bestückte Kupolanlage errichtet und eine neue Schleudergießerei eingeweiht. Ein großer Schritt in die Zukunft bedeutete die Umstellung der Formstückfertigung durch Errichtung einer teilmechanisierten Formanlage im Jahre 1951, die über 20 Jahre ihren Dienst verrichtete. 1954 folgte die Umstellung von Kalt- auf Heißwindöfen, danach der Bau einer neuen Putzerei. In den Jahren bis 1979 wurden nach um nach fast alle Anlagen auf vollmechanisierten Betrieb umgestellt. Auf Grund von Umweltschutzmaßnahmen und Gesundheitsvorschriften wurden bereits 1966 Entstaubungsanlagen für die Kupolöfen montiert.

Die Zahl der Mitarbeiter stieg von 700 Anfang der fünfziger Jahre auf 1200 Personen um 1955 und wechselte dann je nach Konjunkturverlauf. 1981 waren etwa 700 gewerbliche Arbeitnehmer und 80 Angestellte im Werk Staffel beschäftigt.

Im Jahre 2005 wurde das Staffeler Werk vom neuen Buderus-Eigentümer Boschverkauft und befand sich dann nacheinander in der Hand von zwei Finanzinvestoren, bevor die Heinrich Meier Eisengießerei GmbH & Co. KG aus Rahden bei Osnabrück das Werk übernahm. Durch Automation und grundlegende Strukturveränderungen verringerte sich die Belegschaft erheblich. Rund 100 Angestellte arbeiteten 2013 in dem Werk, zusätzlich rund 60 Mitarbeiter von externem Dienstleistern. Das Produktionsprogramm umfasst Kunden- und Kanalguss, wofür 2014 ca. 30.000 t Flüssigeisen verarbeitet wurden. Meierguss hat mit ihren Kanalgussartikeln in Deutschland einen Marktanteil von ca. 55%, der jedoch durch steigende Billigimporte aus China und Indien bedroht ist.

Literatur:

Denkmaltopographie Stadt Limburg, S. 512 Ferfer, J.: Vom Ursprung und Werden der Buderus'schen Eisenwerke Wetzlar, Band 1 und 2, München 1938. inFORM, Magazin für Mitarbeiter und Geschäftspartner des Unternehmens, 3. Jahrgang, Ausgabe 3, Wetzlar 2007 S. 20. Ross, Edgar: Werk Staffel in: Buderus Post, Jubiläumsausgabe der Buderus-Werkzeitschrift, Wetzlar 1981, S. 58. Rücker, Wilma: Um es vor dem Vergessen zu bewahren : 50 Jahre Handel, Handwerk, Landwirtschaft und Industrie in Staffel. In: Jahrbuch für den Kreis Limburg-Weilburg 2005, S. 39-44.


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