Vom Bahnausbesserungswerk zum Einkaufszentrum - WERKStadt Limburg. Foto: Irmgard Rado
Tage der Industriekultur
Quelle: Irmgard Rado, Lahn-Marmor-Museum, PM vom 19.07.2025
Industriegebäude und Produktionsanlagen, technische Denkmäler oder Bauten des Verkehrs besitzen oft den gleichen historischen Wert als Erbe der Menschheit wie Schlösser, Kirchen, Malerei oder Musik – das ist ein Gedanke, der immer stärker ins Bewusstsein kommt. Die Völklinger Hütte, die Zeche Zollverein oder die Routen der Industriekultur in Rhein-Main oder im Ruhrgebiet sind bekannte Beispiele. In unserer Region hat sich der Arbeitskreis Industriekultur Mittelhessen (IKM) unter dem Dach des Regionalmanagements Mittelhessens dem Anliegen verschrieben, die vielfältigen Geschichten und Orte der industriellen Entwicklung bekannter zu machen und zu fördern. Dazu dienen unter anderem die „Tage der Industriekultur Mittelhessen“, die alle zwei Jahre in den fünf Landkreisen stattfinden. Im Kreis Limburg-Weilburg wurde bisher wenig angeboten, was Irmgard Rado vom Lahn-Marmor-Museum in Villmar dazu veranlasste, mit der WERKStadt Kontakt aufzunehmen. Das LMM ist der „Ankerpunkt“ der Industriekultur Mittelhessen. Hier fand auch die diesjährige Eröffnungsfeier statt, bei der mit Regierungspräsident Christoph Ullrich und Professor Dr. Otto Volk, dem „Vater“ der IKM, prominente Redner sprachen. Ein hochkarätiges Konzert mit der Flötistin Gina Formisano-Rohloff und der Harfenistin Mónica Rincón begeisterten das Publikum. Das Lahn-Marmor-Museum konnte besichtigt werden, kurze Führungen stellten das Kulturdenkmal und Nationale Geotop Unica-Bruch vor.
Historischer Standort, pulsierendes Leben
Ein herausragendes Beispiel für die gelungene Transformation einer Industrieanlage ist die Limburger WERKStadt. Wer dort einkaufen geht, Besorgungen macht, die Arztpraxen aufsucht oder ein besonderes Erlebnis sucht, bewegt sich auf historischem Boden. Was heute als Einkaufs- und Erlebniscenter weit über Limburg hinaus bekannt ist, war ursprünglich ein Bahn-Ausbesserungswerk. 1862 gegründet, wurde es über Jahrzehnte zu einem der größten und bedeutendsten Werke in Deutschland mit einer Unzahl an Arbeits- und Ausbildungs-plätzen, bis es 1987 geschlossen wurde. Wenn man mit offenen Augen durch die Gebäude geht, sieht man noch überall die Spuren der Industriegeschichte. Denkmalgeschützte historische Fensteranlagen, Ziegelsteinfassaden mit Natursteinbauteilen, Stahl und Eisenkonstruktionen wurden repariert und bewahrt, damit der Charakter der denkmalgeschützten Gebäude sichtbar bleibt. Sehr viele Menschen haben „bei der Bahn“ gearbeitet, und etliche davon haben die Gelegenheit genutzt, mit anderen Interessierten bei Vorträgen und Führungen in die Vergangenheit einzutauchen.
Bahn, Bunker, Architektur
Fünf Veranstaltungen boten diese Gelegenheit. Das Anliegen von Irmgard Rado fand in Herrn Gebhardt und Frau Heinritz vom Centermanagement interessierte Unterstützer, in ehemaligen Bahnmitarbeitern ebenso. Alexander Kirchner stellte in zwei reich bebilderten Vorträgen mit Führungen das Ausbesserungswerk und die Geschichte der Lahntalbahn vor. Zwei Führungen mit Hans-Peter Günther öffneten die Türen zum sonst verschlossenen geheimnisvollen Spitzbunker, der bis zu 500 Bahnmitarbeitern Schutz vor Bombenangriffen bot. Und ein besonderes Schmankerl war eine Architektenführung durch André Kramm, der mit dem Investor und Besitzer der WERKStadt den Umbau geplant und durchgeführt hatte und dies heute noch tut. Wie die Idee entstand („da standen zwei Jungs am Zaun…“), was für Herausforderungen und Anforderungen zu meistern waren, warum die Gebäude heute so sind, wie sie sind – das war überaus spannend zu hören.
Die nächsten Tage der Industriekultur Mittelhessen werden im Jahr 2027 stattfinden. Es lohnt sich, auf den Webseiten https://industriekultur-mittelhessen.de/ und https://www.lahn-marmor-museum.de/ vorbeizuschauen und zu stöbern.
Kunst- und Kulturminister Timon Gremmels bei der Übergabe der Auszeichnung an das Liebigmuseum Gießen. Auf dem Bild zu sehen sind von links nach rechts: Nina Heidt-Sommer (MdL), Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher, Dr. Stephan Becker als „Liebig”, Kunst- und Kulturminister Timon Gremmels und 1. Vorsitzenden Prof. Dr. Gerd Hamscher. © Johannes Voigt.