Die Brücker Mühle am Ohmübergang östlich der Amöneburg lässt sich seit der Zeit um 1248 als wichtigste Getreidemühle der erzbischöflich-mainzischen Stadt Amöneburg nachweisen. Eine Darstellung von Matthaeus Merian von 1646 zeigt sie – nach Zerstörung und Wiederaufbau – als wehrhaften, mit zwei Türmen gesicherten Bau an der Ohmbrücke, über die eine alte Fernverbindung nach Osten führte. Zum Antrieb der Mühle dienten – typisch für einen Niederungsfluss mit geringem Gefälle – drei unterschlächtige Mühlräder.
Der heutige Bau stammt im Wesentlichen aus der Zeit um 1765, nachdem die Mühle im Zuge eines Gefechts im Siebenjährigen Krieg (Schlacht an der Brücker Mühle am 21. Sept. 1762 zwischen französischen Truppen und mit Preußen verbündeten hessischen, hannoverischen und englischen Truppen) stark beschädigt oder zerstört worden war. Nach dem Ende des Mainzer Kurstaats kam die Mühle 1802 in weltlichen Besitz. 1859 wurde sie von der Stadt Amöneburg erworben, die sie neben dem in Pacht gegebenen Mahlbetrieb nutzte, um das Wasser für die Wasserversorgung der Stadt aus Brunnen in der Niederung (205 m über NN) in Zisternen und Hochbehälter in der Stadt (bis 365 m über NN) zu pumpen. Die Wasserkunst und die eingesetzte gusseiserne Pumpe sind erhalten.
Bis 1903 dienten zwei Mühlräder dem Antrieb der Mühle, dann wurden in der Mühle zwei getrennte Turbinensysteme (Francis-Turbinen) eingebaut, die bis zu 30 kW Leistung erbringen können. Das Gefälle des Mühlengrabens zur Ohm beträgt 2 m. Seit 1917 erzeugt ein Generator Strom, mit dem bis in die 1930er Jahre die Stadt Amöneburg versorgt wurde. Mit dem Strom wurde bis um die Mitte des 20. Jahrhunderts auch eine Kolbenpumpe angetrieben, die für die Stadt Amöneburg Wasser aus Brunnen in der Umgebung in die Reservoirs im Schlosskeller. Bei der Wiederherstellung der Mühle nach einem Großbrand (1956) wurden die Mahlgänge durch Doppelwalzenstühle ersetzt. Seit 1986 wird auch die Mühle nicht mehr direkt von den Turbinen, sondern von einem Generator angetrieben. Überschüssiger Strom wird in das öffentliche Netz abgegeben.
Die Brücker Mühle wurde in ihrer mehr als 750jährigen Geschichte stets handwerklich betrieben. Der Übergang zu einer industriellen Großmühle, den manche Betriebe in der Region gingen, wurde in ihrem Fall nicht vollzogen. Die lokal bedeutende Rolle in der Wasserversorgung und der Stromversorgung der Stadt Amöneburg sowie die bis heute andauernde Stromgewinnung durch Turbinen und Generatoren machen sie jedoch zu einer instruktiven technischen Anlage im ländlichen Raum.
Die Brücker Mühle wird zum Ankerpunkt der Route der Arbeits- und Industriekultur Marburg-Biedenkopf ausgebaut.
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