Gesteinsarten wie Trachyt, alkalischer Olivinbasalt, Tholeiitbasalt, pyroklastische Lava-Ströme, Geotope und Geoparks und Geotourismus – nur einige der vielen Schlagworte, die am vergangenen Wochenende in der Schottener Stadthalle und der Vulkanregion im Vordergrund standen. Inmitten des größten zusammenhängenden Vulkangebietes Mitteleuropas fand dort die 24. Internationalen Jahrestagung GeoTop statt. Fachleute aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz waren nach zweijähriger Pause unter dem Motto „Geotourismus – echte Chance oder Hype für eine nachhaltige Regionalentwicklung?“ vom 7. bis 10. Oktober 2021 in Schotten zusammengekommen. Ausrichter der Tagung der Fachsektion Geotope und Geoparks der Deutschen Geologischen Gesellschaft – Geologische Vereinigung (DGGV) war der Nationale Geopark Vulkanregion Vogelsberg, der maßgeblich vom Vogelsbergkreis getragen wird.
In seinem öffentlichen Abendvortrag am Donnerstag-Abend machte sich Prof. Dr. Otto Volk auf die Spuren der Anfänge der geologischen Forschung im Vogelsberg. In seinem Vortrag erklärte der Historiker, wie die ersten wissenschaftlichen geologischen Forschungen im Vogelsberg im 18. Jahrhundert gestaltet waren und was Philipp Engel Klipstein zu diesen Fragestellungen beigetragen hat. Noch heute ist der Familienname Klipstein in der Region beheimatet. Volk ist der Leiter der Initiative Industriekultur Mittelhessen, profunder Kenner der Region Mittelhessen und wird voraussichtlich 2022 eine ausführliche Biographie von Klipstein veröffentlichen.
Bei der offiziellen Eröffnung am Freitag machte Landrat Manfred Görig deutlich: „Wir sind seit November 2020 einer von 17 anerkannten Nationalen Geoparks in Deutschland – dass nun diese Tagung bei uns im Vogelsberg stattfinden kann, ist eine gute Sache.“ Denn sie rücke den Geopark Vulkanregion Vogelsberg auch über regionale Grenzen hinweg in den Fokus. Ähnlich sei das auch im Vogelsbergkreis: „Auch wir haben den Vulkan an erste Stelle gesetzt“, sagte der Landrat mit Blick auf die Gründung des Vereins Geopark Vulkanregion Vogelsberg 2012. Nach ersten Schritten und Abstimmungsgesprächen ab 2009 wurde in den Folgejahren das Projekt auf den Weg gebracht, um Aspekte wie etwa Tourismus in Verbindung mit Naturschutz und Nachhaltigkeit zusammenzubringen und für die Region nutzen zu können. Mit der Anerkennung 2021 sei ein wichtiger Meilenstein erreicht. „Es ist schön, dass die Tagung stattfinden kann und dass der Vogelsbergkreis viele Fachleute begrüßen darf. Außerdem bedanke ich mich für die reibungslose Organisation der Verantwortlichen um Hartmut Greb“, sagte Landrat Görig.
In Vertretung für Susanne Schaab, Bürgermeister der Stadt Schotten, überbrachte Hans Dieter Herget, in seiner Rolle als Stadtverordnetenvorsteher, die besten Wünsche für die Tagung. Diese sei eine große Ehre für die Stadt Schotten, die beispielsweise mit dem Vulkaneum über einen prädestinierten fachlichen und touristischen Anlaufpunkt verfüge. Er unterstrich, dass er im Geotourismus eine Chance für alle beteiligten Partner sähe. Ebenfalls dieser Ansicht war Dr. Henning Zellmer, Vorsitzender der Fachsektion Geotope und Geoparks in der DGGV, denn „das reizvolle Gebiet des Vogelsberges als größtes zusammenhängendes Vulkangebiet in Mitteleuropa bietet spannende Erdgeschichte. Geotourismus? Wo sonst, wenn nicht hier“, sagte Zellmer. Dessen Umsetzung sei allerdings immer auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und eine große Herausforderung. Es gelte, Interessen von Tourismus, Tagestourismus, Naherholung und die Lebensqualität für die Menschen, die hier leben, zusammenzubringen.
Ähnliche Aspekte thematisierte auch das von Hartmut Greb verlesene Grußwort der verhinderten Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn. Denn der vierte Geopark in Hessen sei ein wichtiges Instrument der Entwicklung für die Region. Trotzdem gelte es zwischen dem Schutz der Vielfalt, dem Klimaschutz und Tourismus und Erholung einen Mittelweg zu finden. Diese Punkte griff Petra Schwing-Döring, Geschäftsführerin der Vulkanregion Vogelsberg Tourismus GmbH, in ihrem Kick-Off-Vortrag auf. Der Vogelsberg sei für Geotourismus prädestiniert, führte sie aus. Doch um die Chancen nutzen zu können, müsse man sich im Klaren darüber sein, wie dieser aussehen solle. Natürlich sei dabei der Vulkanismus im Vogelsberg die Basis für einen Markenentwicklungsprozess – und der Status als anerkannter nationaler Geopark sei dabei ein grundlegender Eckpfeiler. Es sei zu klären, was man zum Geotourismus beitragen könne, welche Chancen er biete und wie er gestaltet sein solle.
Danach startete das Programm in der Schottener Stadthalle – Basalte, Erdzeitalter, Maare, Schlackekegel und Lava-Zusammensetzungen waren unter anderem Thema, bevor es in den beiden Folgetagen dann auf Exkursionen zu Geotopen und geologischen Sehenswürdigkeiten im Vogelsberg geht. In einem weiteren Vortrag war die Industriekultur Mittelhessen Thema: unter dem Thema „Schweißt zusammen …“ zeigte Manuel Heinrich, Projektleiter der Industriekultur Mittelhessen, ann konkreten Beispielen, wie regionale identitätsstiftende Initiativen zu Geoparken und
Industriekultur gegenseitig partizipieren können: viele Orte der Industriekultur sind geologischen Ursprungs oder haben damit zu tun: Europas größter Basatbruch in Nieder-Ofleiden gehört zur GeoTour Felsenmeer und ist zugleich Standort von Europas größter Steinbruchdemonstrationsmesse steinexpo (nächster Termin: 2023), der Kunst-Turm Mücke ist Ausgangspunkt zu den Erz-Wanderwegen im westlichen Vogelsberg und zugleich Kultur- und Veranstaltungsort, der Vulkanradweg entstand auf der ehemaligen Strecke Zugstrecke über den Vogelsberg, ehemalige Funktionsgebäude wie Bahnhöfe werden für die Touristen benutzt – die Zentralstation Frischborn mit ihrem Biergarten direkt am Vulkanradweg ist ein Beispiel dafür und mit dem Vulkanexpress an die ganze Region angebunden.
Nach intensiven Tagen mit Vorträgen, Diskussionsrunden, Exkursionen und Austausch zog Hartmut Greb, Geschäftsführer des Nationalen Geoparks Vulkanregion Vogelsberg, ein ausgesprochen positives Fazit. Sowohl die Tagung, als auch die Exkursionen seien gut besucht gewesen, und „es waren auch einige Vogelsbergerinnen und Vogelsberger dabei –für sie eine ganz neue Erfahrung, ein ganz neuer Bezug zur eigenen Region“, sagte Greb. Und das Motto der Veranstaltung? „Auch in dieser Richtung haben sich viele neue Anregungen ergeben. Unsere Aufgabe ist es, die Potentiale, die uns die Natur vorgegeben hat, herauszukitzeln. Die Potentiale pflegen, bewirtschaften und inszenieren“, sagte Greb. Er sprach davon, in Teilen komplizierte Geologie zu verpacken, und spannende Geschichten dazu zu erzählen. Geotourismus, Chance oder Hype? Das Beste aus beiden Welten.